OP-Bericht Amputation

Ich habe fest damit gerechnet das ich spontanen Durchfall bekomme wenn die Tür aufgeht und es heißt „Auf in den OP“. Aber… ich war fast froh. Ich habe Abschied genommen, konnte Sabrina nochmal sehen, die seit 11 Uhr an meinem Bett saß. Was für eine Hammer Frau! 

Los geht’s.Ich habe mir den Weg ausgesucht.  Chakka!!! New Life 3.0 ich komme!

Es ging auf direkten Weg in die OP-Vorbereitung. Sexy OP-Hemd wieder aus, Netzhose an und Haube auf. Bei dem Haarnetz war ich unsicher, ob es über den Bart oder den Kopf muss- aber man versicherte mir das der Kopf die richtige Wahl ist. Ab auf den Tisch und dann ging es recht flott. Der Katheter wurde in die Nerven gelegt, getestet und für gut befunden. Dann bekam ich eine Atemmaske auf, nahm ein paar Züge und ehe ich noch was sagen konnte waren die Lichter aus. 

Als ich wach wurde und eine Uhr im Raum fand, war es ca 18.00 Uhr… Verdammt. Sabrina wartet oben! 13.00 Uhr OP-eine Stunde war angesetzt. Plus einleiten und so wäre 15.00 Uhr realistisch. Hoffentlich hat sie die Station noch nicht in Schutt und Asche zerlegt weil keiner weiß was los ist! 

Warum hat es so lang gedauert? Ich zog die Decke weg und alles sah aus, wie es sollte. Kein Klumpen mehr am Bein, Unterschenkelamputation hat also geklappt. Nervenkatheter sitzt, alles ist taub im Bein und es tut nix weh. Geil!!! 

Warte mal. Irgendwie..  hab ich mir das anders vorgestellt. War das nicht der Moment, wegen dem mir so schlecht war? Der erste Blick auf das Bein? Ich dachte es wird schlimmer. Heftiger. Ich bin auch nicht gerädert von der Narkose, keine Übelkeit… Warum liege ich noch hier??

„Das war aber ein ausgiebiger Schlaf, was? Haben mehrfach versucht dich zu wecken, aber du hast nur gemault dass wir dich schlafen lassen sollen.“ Oh… Irgendwie lustig wenn der Grund nach dem Grund fragt. 

Ein kurzer Smalltalk über Fußball um zu checken in ich klar im Kopf bin und dann ging es ab nach oben. In Sabrinas Arme. Auch wenn sie versucht hat es zu unterdrücken, sie war fertig mit den Nerven. Aber das ist ok, das muss so sein. Ich konnte direkt grinsen und ihr ehrlich sagen dass alles gut ist. Einen Dank an die Leute welche online für sie da waren!!! Sie wußte nur das ich im OP bin, nicht bereits im Aufwachraum…. Deine Gedanken will ich nicht haben, ich hoffe du vergisst sie wieder ganz schnell!

Tja,dass war auch die höchste Spannungsstufe. Zum Glück!!! 

Dann kam die Neugierde.

Die Stumpflänge begutachtet, den erfahrenen Leuten ein Bild geschickt, schnell ne Packung Kekse gefuttert und dann mal versucht das Bein vorsichtig zu bewegen. Sorry für den Ausdruck aber…. ALTER! Das ging fast ins Gesicht! Das mein Bein jetzt so leicht ist hätte ich niemals gedacht. Es flog regelrecht Richtung Gesicht! Gefühlt… 10 kg die da fehlen. Ich wurde ja gewarnt, aber die Erfahrung war doch eine andere. Verrückt. Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr von einem Trampolin absteigt, kurz hüpft und dann die volle Energie der Schwerkraft erfahrt? So in etwa, nur andersrum.

Und das Gefühl im Bein? Ist der Fuß im Kopf quasi noch dran?  Ja. Das Gefühl ist nicht zu beschreiben. Wenn ich die Muskeln anspanne, welche die Zehen bewegen, passiert was. Ich sehe nichts das sich bewegt, aber mein Kopf sagt ich steuere die Zehen an. Ich versuche mir auch direkt zu sagen das die Nerven irgendwo im Stumpf sind und da was bewegen. Bewegungen im Sprunggelenk kann ich nicht imitieren, da reagiert gar nix. Wahrscheinlich weil es vorher schon außer Betrieb war.

Vorhin hat eine Schwester etwas aufs Bett gestellt, dahin wo mein Bein normalerweise wäre. Reflexartig habe ich es weggezogen. Ich glaube was jetzt passiert ist 90% Kopfsache. Konfrontation, Desensibilisierung, Akzeptanz und sich selbst erklären, dass das neue, komische, jetzt richtig und gewollt ist.

Die erste Nacht? War ok, wenig gepennt aber ohne Schmerzen. Morgens ging es dann los. Die Stelle wo der Katheter liegt war sehr nass… und eine Stunde später stellten sich Schmerzen wie ein heftiger Wadenkrampf ein. Die wurden dann mit einer hohen Dosis in den Katheter bekämpft. Jetzt geht es besser. Der Wadenkrampf ist auch normal, sollte nur nicht so weh tun. Die Muskeln wurden ja umgelegt und müssen jetz ein bisschen gedehnt und bewegt werden. Ab jetzt heißt es Kämpfen! Die Beste Version aus mir selbst machen! 

 

 

7 Kommentare

  1. […] Kurz und knapp: Am 27.7.2017 wurde mir der Unterschenkel amputiert. Nach 22 Tagen wurden die Fäden gezogen, die Wunde war geschlossen und ich durfte den ersten Kompressionsliner tragen. Die ersten 50 Tage habe ich ziemlich detailliert mit allen Ereignissen festgehalten, scrollt deshalb gern dorthin um alles genau zu erfahren. Hier findet ihr den Blogeintrag am OP-Tag. […]

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  2. Es ist so schön das alles zu lesen & wie du alle daran teilhaben lässt ❤
    Ich hoffe wir sehen uns am 12.08 topfit in Duisburg 🙂 Die Crew wartet auf dich!

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